Interview: Handball in der Corona-Krise – „Auf die Vereine warten Herausforderungen“

24.04.2020

Corona-Krise. Das bedeutet auch für die Handballregion SüdOst-Niedersachsen: Die Saison ist abgebrochen, Verbandsmeisterschaften und Turniere fallen aus, der Trainingsbetrieb ruht seit Wochen. Was bewegt die Szene? Wie und wann geht es weiter? PR-Referent Lars Grollmisch sprach darüber mit dem Vorsitzenden der HRSON, Olaf Denecke, dem stellvertretenden Vorsitzenden Spieltechnik, Oliver Ede, und Seniorenspielwart Torben Völkel.

 

Seit Karfreitag ist auch bei uns in Südost-Niedersachsen die Handball-Saison 2019/2020 abgebrochen. Ist dem Vorstand die Entscheidung leichtgefallen?

Olaf Denecke: Nein! Aber die Entscheidung war alternativlos, um die Gesundheit unserer Sportlerinnen und Sportler und deren „Kontaktpersonen“ mit den getroffenen Maßnahmen zu schützen. Weiterhin gelten die Beschränkungen der Kommunen durch Schließung der Sporthallen. Und es gilt das Versammlungsverbot. Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten haben sich zwar in einer Telefonkonferenz auf teilweise Lockerungen der Corona-Regeln geeinigt. Dennoch bleiben die Beschränkungen der Kommunen durch Schließung der Sporthallen. Es ist leider auch noch überhaupt nicht absehbar, wie lange das so bleibt.

 

Bei wem liegt aktuell die Haupt-Last?

Olaf Denecke: Hauptsächlich ist die Spieltechnik betroffen. Der Fachbereich arbeitet daran, die Saison 2019/2020 zu Ende zu bringen und die Saison 2020/2021 unter besonderen Bedingungen vorzubereiten. Saisonende ist aber auch die Zeit für Aus- und Fortbildungen von Schiedsrichtern und Trainern. Hier sind das Bildungsressort und der Arbeitskreis Schiedsrichter dabei, entsprechende Regelungen und Angebote vorzubereiten. Dass die Lizenzen ohne Lehrgangs-Teilnahme um ein Jahr verlängert werden, ist ja bereits organisiert. Ob wir geplante Events im Jugendbereich halten können, müssen wir abwarten.

 

Apropos Spieltechnik: Gab es bei der Ermittlung der Abschlusstabellen durch die Anwendung des norwegischen Modells noch Überraschungen?

Torben Völkel: Ich begrüße die Entscheidung über die Anwendung der Quotienten-Regelung sehr. Im Seniorenbereich sehe ich auch keine echten Härtefälle – abgesehen von der nun fehlenden Aufstiegsmöglichkeit des FC Viktoria Thiede in die Landesliga der Männer. Die wahren Leistungsstände der Teams werden sich in der Regel in den Abschlusstabellen widerspiegeln. Sicherlich haben wir momentan eine Ausnahmesituation. Sie liefert uns aber den klaren Hinweis, dass wir auch zukünftig bestrebt sein müssen, Tabellen so wenig wie möglich aufgrund unterschiedlicher Anzahl absolvierter Spiele „schief“ werden zu lassen. Nachholspiele sollten also auch zukünftig sehr zeitnah angesetzt werden, vor allem aber Verlegungen insgesamt reduziert werden.

 

Gab es für euch trotz all der Sorgen Highlights in dieser abrupt beendeten Spielzeit?

Olaf Denecke: Ja, klar: Wir haben mehrere HRSON-Vereine, die sich auf Verbandsebene hervorgetan haben! Ich gratuliere schon einmal aus der Ferne dem MTV Braunschweig zum Wiederaufstieg in die 3. Bundesliga der Männer – als Oberliga-Meister ohne Punktverlust. Zwar nicht ganz ohne Verlustpunkte, aber nicht weniger souverän, hat sich Vater Jahn Peine die Meisterschaft in der Oberliga Niedersachsen der Frauen gesichert. Und die HG ELM steigt in die Verbandsliga Männer auf. Allen herzlichen Glückwunsch und viel Erfolg!

 

Die HRSON hat entschieden, die Meister und Staffelsieger trotz der besonderen Situation wie gewohnt auszuzeichnen. Wie werden die Ehrungen vorgenommen?

Oliver Ede: Es ist vorgesehen, die Meister persönlich zu ehren. Dazu bietet sich der erste Spieltag der neuen Saison an, wenn diese startet. Da wäre ein guter Rahmen geschaffen, um auch vor Publikum den Meistern angemessen zu gratulieren.

 

Wie geht es nun weiter? Mit welchen Veränderungen müssen wir für die nächste Saison rechnen? Was wird beispielsweise aus dem Regionspokal?

Torben Völkel: Die größte Unsicherheit herrscht darüber, wann es überhaupt weitergehen kann. Für den Seniorenspielbetrieb gehe ich dann davon aus, dass die Regionsoberligen vorübergehend wachsen werden, da es aus dem Herrenbereich wahrscheinlich keine Aufsteiger in die Landesliga geben wird. Und auch bei den Damen sind keine zwei Aufsteiger zu erwarten. Dadurch dürfte sich die erforderliche Anzahl an Spieltagen in der kommenden Saison erhöhen, was aufgrund der Ferientermine nur durch die Aussetzung des Regionspokals umsetzbar sein dürfte. Es gibt aber das Gedankenspiel, die noch ausstehenden FinalFour-Turniere der Saison 19/20 in die Saisonvorbereitung der nächsten Spielzeit zu legen.
Im Jugendbereich oberhalb der C-Jugend dürfte die Organisation des Spielverkehrs stellenweise problematisch sein. Die Relegationsspiele für die Landesligen können frühestens im Spätsommer stattfinden. Dadurch ist nicht nur die Spielplanerstellung erschwert, sondern auch die Staffelbildung, weil erst spät absehbar sein wird, wie viele Teams letztlich auf Regionsebene antreten werden.

 

Für die Vorbereitung müssten ja erst einmal überhaupt wieder Trainings-Hallen zur Verfügung stehen. Was empfehlt ihr unseren Mannschaften – wann kann das Training wieder aufgenommen werden?

Torben Völkel: Ich kann das nicht beantworten. Zumindest im Sommer dürften aber im Freien wieder Trainingsmöglichkeiten bestehen.

 

Wird die Corona-Krise den Handball im Vergleich zu anderen Sportarten besonders hart treffen? Immerhin ist Handball ein Kontaktsport, der hauptsächlich von Zuschauereinnahmen und dem Sponsoring durch kleine und mittelständische Unternehmen lebt.

Torben Völkel: Unabhängig von den gesundheitlichen Fragen werden sicher bei der Organisation Herausforderungen auf die Vereine warten, weil benötigte Hallenzeiten wegen der Besonderheiten im Jugendspielbetrieb erst spät feststehen werden. Aus meiner Sicht kann man zu wirtschaftlichen Folgen wenig Generelles sagen, da die Finanzierung der Vereine doch sehr unterschiedlich gewährleistet ist, zumal aufgrund verschiedenen Vereinsstrukturen auch die derzeit anfallenden Kosten natürlich immens variieren. Für den reinen Freizeitsport auf Regionsebene sollten die Auswirkungen aber sicherlich überschaubarer sein als für Vereine mit leistungsorientierteren Mannschaften auf Verbandsebene.

 

Wie kann die HRSON die Vereine unterstützen? Können beispielsweise Meldegelder gestundet und erst später in Rechnung gestellt werden?

Oliver Ede: Wir müssen natürlich auch auf die Liquidität der HRSON achten. Sicherlich fallen auch viele Ausgaben weg, aber einige Fixkosten belasten die HRSON auch weiterhin. So muss man zur Meldung für die neue Saison sehen, wie man hier verfahren kann. Grundsätzlich wollen wir unsere Vereine unterstützen. Es muss aber sinnvoll und nachhaltig sein. Und so blicken wir besonders auf den Jugendspielbetrieb, ohne dabei unsere Senioren zu vernachlässigen.
Einen Einschnitt werden wir im Schiedsrichterbereich haben. Hier werden wir alle Lizenzen für die breite Masse an Schiedsrichtern um ein weiteres Jahr verlängern. Dies geschieht kostenfrei für unsere Vereine. Das wird sich aber wiederum auf das kommende Jahr auswirken. Dann müssen alle unsere rund 500 Schiedsrichter einen Lehrgang besuchen.

 

Eure Frage ist nicht dabei? Dann her damit (wir bemühen uns zeitnah um Antworten): pr@hrson.de