HRSON-Interview mit Tim Zechel aus Bad Harzburg, der mit TUSEM Essen in die HBL aufgestiegen ist

19.05.2020

Für ein Kind der Region wird der große Traum wahr: Der inzwischen 23-jährige Tim Zechel, der seine ersten Bälle bei der HSG Bad Harzburg warf, ist mit seinem aktuellen Klub TUSEM Essen in die Handball-Bundesliga aufgestiegen. In seiner Heimatstadt Bad Harzburg wurde Tim 2008 auch in die Talentförderung der HRSON aufgenommen, bevor er ins renommierte Handball-Internat des SC Magdeburg wechselte. Als U-19-Nationalspieler absolvierte er 15 Länderspiele.
Gemeinsam mit dem PR-Referenten Lars Grollmisch baten ihn die aktuellen HRSON-Auswahlspieler Anna-Julie Manc, Leonard Hauschild, Aaron Jakobs und Kian Aminzade zum Interview.

 

Bislang hast du neben dem Training halbtags als Bankkaufmann gearbeitet. Hast du nach eurem Aufstieg dafür noch Zeit?
An sich schon. Aktuell trainieren wir aufgrund von Corona sowieso nur dreimal die Woche am Nachmittag, sodass ich meine 20 Stunden gut erfüllen kann. Was sich dann in der 1. Liga ergibt, werden wir sehen. Ich versuche das weiter zu machen. Aber wenn wir dann donnerstags und sonntags spielen, wird es natürlich nicht leichter. Mein Vertrag bei der Bank läuft aber auch nur noch bis Januar 2021.

 

Und wie sieht‘s aus mit Zeit, Familien und Freunde in der Heimat zu besuchen? Aus Essen ist es ja doch eine ziemlich weite Reise in den Harz…
Das ist gar nicht so einfach. Bis nach Bad Harzburg sind es ungefähr dreieinhalb Stunden. Und wir haben ja auch fast jedes Wochenende ein Spiel. Es gibt in der Saison vielleicht mal ein oder zwei Wochenenden, an denen ich frei habe. Und selbst da ist die Frage, ob es sich dann lohnt, nach Hause zu fahren. Natürlich würde ich meine Eltern und Freunde gern öfter sehen. Aber das muss im Profi-Sport an zweite Stelle rücken. Wir haben aber auch eine Pause nach Saisonende. Dann verbringe ich viel von meiner Freizeit bei meiner Familie. Ansonsten kommen die aber auch so oft wie möglich nach Essen. Außerdem versuchen wir um die Weihnachtszeit, viel gemeinsam zu machen. Ansonsten bleibt leider wirklich nicht viel Zeit. Wir spielen in Essen meistens freitags zu Hause und haben Samstag Training. Und bei Auswärtsspieltagen macht eine Heimfahrt sowieso keinen Sinn.

 

Nochmal Reise: Was war deine bislang weiteste Auswärtsfahrt?
Damals mit Hildesheim haben wir an einem Samstag um 19 Uhr in Saarlouis gespielt. Da sind wir morgens um 7.30 Uhr mit dem Bus losgefahren und waren am nächsten Morgen um 6.30 Uhr zurück.

 

Wie oft trainierst du normalerweise, und wie hast du dich während des Corona-Trainingsverbots fit gehalten?
Wir trainieren montags, dienstags und mittwochs zweimal am Tag, donnerstags einmal. Wenn wir freitags zu Hause ein Spiel haben, trainieren wir am Samstagmorgen nochmal. Während der Corona-Zeit habe ich mir Gewichte und eine Langhantelstange mit nach Hause genommen. Damit habe ich bei uns in der Tiefgarage ein bisschen was aufgebaut, hab damit alles Mögliche gemacht und versucht, mich so fit zu halten.

 

Wie sieht dein Ernährungsplan aus?
Einen Ernährungsplan gibt es nicht. Im Verein werden wir aber einmal pro Woche gewogen, und es wird geschaut, was sich verändert hat. Ein paar Mal im Jahr gibt es eine Fettmessung, bei der ermittelt wird, welchen Körperfettanteil man prozentual hat. Mit den Spielern wird dann geguckt, was man individuell machen kann. Man kann aber auch aktiv auf unseren Athletiktrainer zugehen. Der erklärt einem, was man essen und wann man welche Mahlzeiten einnehmen sollte. Auch, was zu beachten ist, wenn man ein Spiel hat. Vor dem Spiel und in der Halbzeit bekommen wir Essen und Getränke zur Verfügung gestellt. Und im Training bekommen wir auch spezielle Pulver – mit Inhaltsstoffen, die wichtig sind.

 

Wo siehst du selbst deine größte Stärke und wo die größte Schwäche auf dem Feld?
Von den körperlichen Voraussetzungen habe ich es sehr gut getroffen. Es gibt ja Spieler, die ein bisschen mehr im Kraftraum machen müssen und andere, die weniger machen müssen. Ich habe eine gute Genetik, und wenn ich dazu noch im Kraftraum arbeite, kommt mir das sehr zugute. Außerdem komme ich viel über die Emotionalität und kann mich im Spiel hochpushen. Schwäche: Für große und schwere Spieler ist es immer schwer, beweglich auf den Beinen zu sein. Deswegen ist es gegen kleine 1-gegen-1-Spieler nicht so einfach zu verteidigen.

 

Als du im Alter der Spieler warst, die dir hier heute die Fragen stellen, hast du in unserer Region, in Bad Harzburg, gespielt. An was erinnerst du dich aus dieser Zeit besonders gern?
In Bad Harzburg ist alles sehr familiär gewesen. Natürlich hat man auch schon als junger Spieler auf die Älteren und auf die Profi-Spieler geschielt. Dann habe ich zum Beispiel mit einem Fußball-Stutzen die Kompression nachgestellt, die die Spieler in der 1. Liga haben. Oder habe zum Aufwärmen einen IPod mitgenommen und hab mich mit Kopfhörern warmgelaufen, weil ich ja Musik hören wollte. Das war damals alles sehr schön. Das ist eben mein Heimat-Verein. Das spielt eine wichtige Rolle.

 

Könntest Du dir vorstellen, später auch Kinder zu trainieren?
Teils, teils. Einen Trainerjob kann ich mir gut vorstellen. Ich habe das auch schon mal machen dürfen. Und das hat viel Spaß gemacht. Aber ich glaube, ich brauche dann Spieler, die schon ein bisschen älter sind. Ich habe einmal 5- und 6-Jährige trainiert. Die haben dann ihre Leibchen getauscht oder weggeworfen. Manche haben ständig Turnübungen gemacht und waren nicht so fixiert darauf, was wir eigentlich machen wollten. Das fand ich insgesamt nicht so angenehm. Aber ab C-Jugend aufwärts kann ich mir das tatsächlich gut vorstellen.

 

Gegen welche Mannschaft hast du damals in der D- oder C-Jugend am liebsten und gegen welche gar nicht gern gespielt?
Ich weiß noch, dass es gegen Seesen relativ knappe Spiele gab. Da habe ich gern gespielt. Da waren auch gute Gegenspieler. Für mich war immer wichtig, gegen Mannschaften zu spielen, die ähnlich gut waren, sodass es spannend war und man sich auch weiterentwickeln konnte.

 

Und wie sieht’s in Zukunft in der Bundesliga aus – auf wen freust du dich, gegen wen wird es unangenehm?
Ich freue mich grundsätzlich auf jedes Spiel. Es ist das erste Mal, dass ich Erstliga-Luft schnuppern darf. Wenn man sich da nicht auf jedes Spiel freuen würde, hat man etwas falsch gemacht. Dass wir mit TUSEM Essen nicht ganz oben stehen werden, ist uns klar. Wir werden gegen den Abstieg spielen. Aber ich freue mich einfach, dass wir dieses Erlebnis haben dürfen, in der 1. Bundesliga aufzulaufen. Ich versuche, alles mitzunehmen, was geht – einerseits, was meine eigene Leistung angeht, und anderseits, was ich dort noch lernen kann. Dass es bei Spielen gegen Kiel oder Flensburg unangenehm wird, ist klar. Aber da erwartet ja auch keiner, dass wir die schlagen.

 

Zum Abschluss ein Blick in die Zukunft. Dein Tipp zur hoffentlich bald beginnenden nächsten Bundesliga-Saison, in der es vier Absteiger geben wird: Wer wird Meister? Und wo steht der TUSEM am Ende der Saison?
Meister wird Flensburg, wenn die wieder eine gute Saison erwischen. Vier Absteiger – das ist wirklich knackig. Schon mit zwei Abstiegsplätzen wäre es schwer genug gewesen. Mit vier wird es natürlich noch schwerer. Wir hoffen, dass wir vier Mannschaften hinter uns lassen können – Nordhorn, Coburg, Ludwigshafen und Balingen. Aber auch gegen die muss man erstmal gewinnen. Wir hoffen, dass wir auf dem ersten Nicht-Abstiegsplatz landen können.

 

Bild zur Meldung: HRSON-Interview mit Tim Zechel aus Bad Harzburg, der mit TUSEM Essen in die HBL aufgestiegen ist

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Tim Zechel (19.05.2020)

Tim Zechel aus Bad Harzburg ist mit TUSEM Essen in die Bundesliga aufgestiegen.